Chronik

Vor dem Krieg

Bereits seit über 80 Jahren (gegründet 1919) kommen Woche für Woche Bläserinnen und Bläser zusammen, um mit ihren Instrumenten das Lob Gottes in Owen und immer mehr auch weit darüber hinaus zu verkündigen. Hört man heute den Chor mit seinen 57 Mitgliedern (davon gut ein Dutzend Jungbläser) denkt wohl kaum ein Zuhörer an die unvorstellbar bescheidenen Anfänge in schwerer Zeit:
Fritz Carrle, Heinrich Däschler, Hermann Hafner, Fritz Klein, Eugen Schmid, August Däschler, Albert Gruel, Wilhelm Kiedaisch, Friedrich Nuffer und Fritz Schmid probten seit 1919 beim Tuchmacher Däschler, Schreiner Nuffer oder Schuhmacher Klein.
Bereits kurz nach seiner Gründung musizierte der Chor bei verschiedenen Gottesdiensten und Veranstaltungen, oft auch mit den Freunden aus dem benachbarten Dettingen. Viele Gemeinschaftsveranstaltungen, wie Bezirksjugend- und Sonntagsschulfeste, Sportfeste etc. sind uns aus dieser Zeit zwischen den Weltkriegen überliefert. Höhepunkte im Bläserjahr waren schon damals die Landesposaunentage, beispielsweise 1933 in Reutlingen, von denen Friedrich Nuffer und Albert Gruel bis in unsere Zeit immer wieder ergreifend erzählten. 
Ob wohl schon damals manche Bläser leichte Probleme mit der Pünktlichkeit zu Probenbeginn hatten? Wie sonst wähen folgende Zeilen des damaligen Chorleiters zu erklären?

 

Wer zu spät kommt in das Blasen,
sich zehn Pfennig lassen,
Viertelstund zehn mehr-
wer geht gar nicht her.

 

Das 1932 erbaute Refugium auf der großen Wiese vor dem Eichholz war zu dieser Zeit eine wahrer Zufluchtsort für die Vereinsmitglieder und Bläser; oft klangen Männerchöre und Bläserklänge im angrenzenden Wald nach! In den Jahren des Dritten Reiches wurde die Bläserarbeit dann zusehends schwieriger, auch im Owener Chor. Die geringste Anzahl von Bläsern ist im Jahr 1933 mit sieben angegeben.

Bei Kriegsbeginn im Jahr 1939 wurden alle Bläser zur Wehrmacht eingezogen. Die Arbeit des Chores war damit schon im jugendlichen Alter von 20 Jahren vorerst zu Ende.

1945-1969

Wilhelm Klein war es dann im Herbst 1945 zu danken, dass ein Neubeginn gewagt werden konnte. In der Kleinschen Waschküche in der Neuen Strasse wurde eifrigst geübt, geputzt und poliert, so dass schon an Heilig Abend erstmals wieder Kurrende in Owen geblasen werden konnte.
Unvergessen im darauffolgenden Jahr der erste Landesposaunentag im zerstörten Ulm und die Fahrt mit Holzvergaser-LKW und Anhänger.
Im selben Jahr, 1946 übernahm Fritz Nuffer die Chorleitung; der Beginn seines segensreichen Wirkens für unseren Chor. Insbesondere ihm verdanken wir bis auf den heutigen Tag viele gute Traditionen musikalischer und geselliger Art.
Mit den Jahren wuchs der Chor, gewann an Profil, die Aufgaben wurden vielfältiger: Vereins- und Chorjubiläen waren zu bestreiten: Feierstunden, Ständchen, Hochzeiten, Krankenhausblasen und viele andere musikalische Aktivitäten bestimmten den Jahresablauf.

Auch im geselligen Bereich waren Neuerungen zu verzeichnen. Während das Blonzenfest (eine Initiative des legendären Alt-Bläsers Hermann Raichle) auch heute noch den unbestrittenen Jahreshöhepunkt darstellt, kamen mit den Jahren 1.Mai-Wanderungen, Ausflüge, Talhalde-Festle, Sommerfest usw. mit dazu. Unvergessen bis heute die beiden mehrtägigen Reisen nach Kärnten zu unserer Familie Tilian.

So lässt sich zusammenfassend festhalten, dass wohl kaum eine Gruppe in der Owener Gemeindelandschaft ein so breites Altersspektrum abdeckt, ist doch die jüngste Bläserin gerade 11 Jahre alt. Gleichzeitig sind wir sehr dankbar, dass drei aktive Bläser, die bereits ihren 70. Geburtstag gefeiert haben, die Chorarbeit zum Teil schon mehr als ein halbes Jahrhundert Woche für Woche bereichern.

1989 - 1994

Bereits seit Mitte der 80-er Jahre werden unsere Jungbläsergruppen, seit einigen Jahren mit der Owener Musikschule kooperierend, dual ausgebildet. Durch wöchentlichen Einzelunterricht wird insbesondere der musikalische Fortschritt gefödert, während das traditionelle Gruppenblasen (wöchentlich eine Stunde) vor allem dem Gemeinschaftsgefühl und der geistlichen Verkündigung dient. Jungbläsergruppen werden üblicherweise in Abständen von ca. 3-5 Jahren begonnen, so dass der Chor ständig jung bleibt.

Der Chor trifft sich im Jahr zu ca. 80 Proben und Auftritten. Neben den oben schon erwähnten Aufgaben gehören heute auch Serenadenabende, Karfreitagsmusiken, Adventskonzerte, Bezirksveranstaltungen etc. zum festen Programm. Darüberhinaus gestalten wir alle 2 bis 3 Jahre ein Konzert, meist in der Teckhalle. Erfreulicherweise sind sämtliche Veranstaltungen des Chores gut besucht, 
Da das musikalische Repertoir in den vergangenen Jahren ständig vergrößert und insbesondere auf konzertante, populäre Musik ausgeweitet wurde, gelingt es immer wieder, gerade auch aussenstehende Zuhörerinnnen und Zuhörer anzusprechen, ohne freilich den Tenor Soli Deo Gloria aus den Augen zu verlieren. Vielleicht muss dies auch in Zukunft verstärkt unsere Aufgabe als Chor werden.

Hervorzuheben wähe der außerordentliche Zusammenhalt innerhalb des Chores, der sich nicht nur beim maßgeblich vorangetriebenen Gemeindehausumbau vor einigen Jahren unter Beweis stellte. Die wöchentlich wechselnde Andachten aus den Reihen der Bläserinnen und Bläser am Ende der Chorproben geben immer wieder geistige Impulse für den Alltag jedes Einzelnen und sind wichtiger Bestandteil der Arbeit.
Auch der Ablauf der Chorprobe selber ist von auflockernden Elementen geprägt (sofern der Dirigent nicht "stresst") und wohl kein Montag Abend, an dem nicht anschließend wichtiges und weniger entscheidendes vor dem Gemeindehaus lebhaft diskutiert wird, oft bis tief in die Nacht hinein.

Neben dem Hauptchor und der Jungbläsergruppe treffen sich die Böllesfetzer ebenfalls einmal wöchentlich zusätzlich zu Sonderproben mit einem bunten Programm alter und moderner Bläsermusik (siehe hierzu gesonderter Bericht).

1994 - heute

Besonders dankbar sind wir über unser Leitungsteam, dem, seit Fritz Nuffer 1994 die Leitung des Chores abgab, neben dem Chorleiter und Stellvertreterin noch weitere 4 Mitarbeiterinnen angehören, die sich Woche für Woche engagieren und die Arbeit mit dem Nachwuchs beständig am Laufen halten!

Abschließend sei noch ein kleiner Ausblick in die Zukunft erlaubt: 
Die Formen evangelischer Posaunenarbeit haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich gewandelt: Schlagzeug, Keyboard und Bass hielten Einzug, das Repertoire wurde mit bis zu 12-stimmigen Werken anspruchsvoller und vielfältiger, das Konzept der Jungbläserausbildung änderte sich u.v.a. Jugendliche sind heute vielbeschäftigt, oft Individualisten und haben zum Teil Mühe, sich anzupassen und einzufügen. (Jung-)Bläserarbeit ist heute mehr denn je Kontaktarbeit; nur wenn die Chemie stimmt, sich der Einzelne im Chor wohlfühlt, ist Motivation vorhanden und lassen sich anspruchsvolle Ziele verwirklichen.
Dem Chor ist es zu wünschen, dass er sich auch zukünftig Neuerungen musikalischer und methodischer Art öffnet. Unsere Zeit ist schnelllebig, das Liedgut wechselt oft in kurzen Zeiträumen. Das Bestreben eines modernen Posaunenchors sollte es sein, sich diesen Herausforderungen immer wieder zu stellen. Die Farbpalette der Bläsermusik ist äußerst bunt; entscheidend für die Zukunft wird sein, ausgehend von der Mitte, dem traditionellen Choral, immer wieder die richtige Mischung zu finden.

Allerdings, und das ist entscheidend, ist für unseren Posaunenchor nicht der Wandel das einzig beständige, sondern die Basis unseres Musizierens, Jesus Christus. Das Motto Soli Deo Gloria Gott allein die Ehre, das bereits unsere Gründerväter zu Beginn des vorigen Jahrhunderts kannten, versteht der Chor auch heute noch als Auftrag und Basis für seine Arbeit. Kann es etwas schöneres geben, als Menschen mit Musik zu erfreuen, zu begleiten und zu trösten und dabei die Frohe Botschaft zu verkünden?


Rainer Däschler (Chorleiter)